gastbeitrag von ramona zum imagebegriff
wie schon vor ein paar wochen bei hopowatch berichtet, hat sich im april diesen jahres der neue asta der uni münster konstituiert. die listen juso-hsg, ufafo und dil – zusammen mit der unigal als tolerierungspartner – bilden die neue koalition, die den asta stützt.
und da mensch es gerne den großen aus der politik nach macht, gibt es auch einen koalitionsvertrag, in dem die zusammenarbeit für die nächsten zwölf monate geregelt sein soll. inhaltliche auszüge des vertrags (pdf) finden sich auf der asta-homepage.
nimmt mensch diesen „vertrag“ näher in augenschein, so ergeben sich einige ungereimtheiten, wovon eine im folgenden erläutert werden soll:
der autorin fiel im besonderen die verwendung des imagebegriffes im koalitionsvertrag auf. so wird das „linke image“ des asta und dessen erhalt (um welchen preis?!) mehrmals angesprochen.
hierbei stellt sich einerseits die frage, ob der asta diesem „image“ überhaupt gerecht werden kann, wenn es darum gehen soll den asta zu einem reinen dienstleistungsunternehmen umzugestalten. denn dieser tenor lässt sich – trotz dem versuch inhalte im koalitionsvertrag zu verankern – aus eben diesem vertrag heraus lesen. so soll der asta „professionalisiert“ und „saniert“ werden (S.3), die sitzungen im studierendenparlament sollen „optimiert“ werden (S.8) und die gleichstellung von frau und mann „vorangetrieben“ werden (S.6). zumindest den wortlauten nach wird schon ganz im sinne einer ökonomisierung der hochschule auf allen ebenen argumentiert.
der im koalitionsvertrag verwendete imagebegriff entspricht folglich dem trend (um weitere anglizismen einzubringen) der aktuellen „linken“ hochschulpolitik in münster.
doch wenn die aktivitäten innerhalb der organe der hochschule von seiten gewählter studentischer vertreterInnen näher betrachtet werden, so scheint der asta beziehungsweise die verfasste studierendenschaft der uni münster kein konsistentes bild abzugeben. und dies ist doch so wichtig, wenn es um die glaubwürdigkeit eines „images“ und der identifizierung mit diesem bild von seiten der studierenden gehen soll.
so wird im koalitionsvertrag nach der grundsätzlichen ablehnung von studiengebühren unter punkt 1 aufgeführt:
Wir […] wollen die Herkunftsdebatte (zu den Studienbeiträgen, Anm.d. Verf.) führen und lehnen die Verwendungsdebatte ab.
letzte woche wurde im senat die kommission zur verteilung von studienbeiträgen auch durch studentische vertreterInnen besetzt. dies kann auch dem asta nicht entgangen sein, wenn mensch bedenkt, dass vertreterInnen der miteinander koalierenden listen in diesem gremium sitzen. hat mensch sich nun – entgegen den postulierten grundsätzen im koalitionsvertrag – doch kurzfristig dazu entschieden, vertrag vertrag sein zu lassen und trotz großer pr-aktion zum koalitionsvertrag in den ersten wochen dagegen zu verstoßen?
neben der fraglichen verwendung bestimmter wörter und redewendungen lässt sich nur noch schließen: liebe listen, werdet euch erst einmal darüber klar, in welcher form ihr euch mit euch und euren positionen selbst identifiziert und dann lasst uns noch mal über euer „image“ sprechen.
Liebe Ramona,
die Formulierungen sind vielleicht manchmal etwas unglücklich gewählt, da stimme ich dir zu. Ich versuche einfach mal, was in diesem Zusammenhang hinter Begriffen wie „Professionalisierung“, „Sanierung“ und „linkes Image“ steht.
Professionalisierung:
Es gibt eine Menge Bereiche im AStA die alles andere als rund laufen. So wird von jeder ReferentIn ein wildes Archiv ohne jede Struktur geführt, durch die die Nachfolger in den seltensten Fällen durchsteigen. Durchsuchbar ist dieses Archiv auch nicht. Dazu kommt eine Webseite, die vom Öffentlichkeitsreferat 60% der Zeit zur Formatierung und Strukturierung der Inhalte abverlangt und nur 40% der Zeit für die Arbeit am Text lässt. Dies soll professionalisiert werden indem z.B. Mappen für die Nachfolger angefertigt werden, in denen Informationen zum bisherigen Ablauf zu finden sind und die diversen Archive in den Referaten und im Keller sollen aufgeräumt, gesichtet und ausgemistet werden. Schlussendlich soll es eine neue Webseite geben, welche nicht per Hand geschrieben, sondern von einem Content Management System erzeugt wird. (Joomla!) Dies alles soll zukünftigen ReferentInnen-Generationen mehr Zeit für die politische Arbeit lassen und auch die Kommunikation mit der Studierendenschaft über die Webseite enorm verbessern.
Sanierung:
Das AStA Häuschen ist an vielen Stellen baufällig, Räume sind ungünstig genutzt. Hier wurden bereits Termine mit den Verantwortlichen gemacht, die nun auf Kosten der Besitzer (die NBL) das Haus renovieren sollen. Dabei werden wohl die defekten Fenster ausgetauscht, die Toilette renoviert und das Dach überprüft. Der AStA überlegt noch, ob die Innenräume gestrichen werden sollen. Wahrscheinlich wird man sich hier auf die Flure beschränken.
Desweiteren sind viele der Möbel des AStA aus den 50ern und 70er Jahren und bedürfen theoretisch dringender Reperatur. Hier sollen neue Bürostühle angeschafft und aus dem Fundus der Uni alte, aber bessere Schreibtische besorgt werden. Auch dies so günstig wie möglich.
Weiterhin sind von den Servern des AStA ein Großteil defekt, welche ausgetauscht werden müssen und einige Sachen sind einfach veraltet und erfüllen nicht mehr die Anforderungen der Arbeit der ReferentInnen.
Die beiden oben genannten Punkte sind Sachen, die seit Jahren schleifen gelassen werden. Die Bürostühle im AStA sind seit min. 2 Jahren schon „suboptimal“ um es mal freundlich zu sagen und die Server ächzen eben so lange unter der Last und ihren Gebrechen. Vorhergehende Asten haben dies vernachlässigt.
linkes Image:
Die Koalitionslisten sehen sich selbst und damit den AStA als links gerichtet. Und auch wenn wir uns professionalisieren wollen und vielleicht das Angebot für Studierende erweitern möchten, soll es auch für neue Studierende klar sein, wo sie sind und was die politische Ausrichtung ist. Deswegen wurden z.B. Angebote, das Gebäude von innen mit der ach so beliebten Farbe „001“ (blüten-weiß) zu streichen, abgelehnt.
@Hackwar ich glaube du hast in keiner Weise verstanden worum es in dem Artikel geht. Dabei interessiert mich ehrlich gesagt recht wenig die Farbe des neuen AStA, und das was rein technisch in, um und um den AStA herum passiert. Vielmehr erscheint mir die politische Ausrichtung, wenn davon momentan überhaupt gesprochen werden kann, viel interessanter.
zu „Vorhergehende Asten haben dies vernachlässigt.“:
die asten der letzten zwei jahre haben ausgaben in die eigene infrastruktur immer sehr kritisch geprüft. so wurden nur wenige neue pcs angeschafft, weil ein gesamtkonzept für die weitere entwicklung der it fehlt. besprochen wurde, daß (1) ein neues rechnungssystem angeschafft und (2) auf freie software umgestellt werden soll. wegen vieler offener fragen und anderen projekten, denen wir vorrang gegeben haben (z.b. studiengebühren, seti, studienreform, videoüberwachung), ist es nicht mehr zu entscheidungen gekommen. ich hoffe, daß zunächst eine konzept vorgelegt wird, das auch auf konsolidierung statt reiner neuanschaffung setzt, bevor man massenhaft pcs, monitore, windows-lizenzen… kauft.
zum image des asta oder studentischer interessenvertretung im allgemeinen:
jede/r darf sich selbst links oder rechts nennen und ihr/sein bild von sich selbst an einer farbe oder einem symbol festmachen. ob diese selbstzuschreibung allerdings dem empfinden anderer entspricht, steht dabei auf einem anderen blatt. wieso ist dem asta ein linkes image so wichtig? ein authentisches auftreten finde ich viel wichtiger. wer sich ein linkes image basteln muß, hat vielleicht angst, ohne ein solches image nicht als links (links? was ist denn das?) wahrgenommen zu werden. oder traut den studis nicht zu, daß sie sich selbst ein differenziertes bild machen.
zu hackwar: wer bist du?
Liebe Ramona,
dann verstehe ich jedoch nicht, wie du die Ausrichtung des AStA an den oben genannten Begriffen ablesen willst. Was genau passt dir denn am aktuellen AStA nicht? Der aktuelle AStA unterscheidet sich vom vorherigen AStA nur in wenigen Dingen, z.B. das alle Referenten Posten besetzt sind, das ein gutes Arbeitsklima herscht und das auch die Sachen, die schon seit ewigen Zeiten in der Ecke liegen, aufgegriffen und behandelt werden.
@Jochen
Es ist ein Unterschied, ob man mit Anschaffungen wartet weil man ein Konzept erstellen will, oder ob man Anschaffungen verhindert, bis nun der Punkt erreicht ist, das ein Großteil der Server das zeitliche gesegnet hat und dadurch die Arbeit der ReferentInnen beeinträchtigt wird.
@Hackwar
Ja, offensichtlich verstehst du mich nicht.
Ich kann hierbei nur noch auf meinen Artikel verweisen, den du zum weiteren Verständnis vielleicht noch einmal lesen solltest.
„Professionalisierung“, „Sanierung“, „Optimierung“ und „vorantreiben“ von Geschlechtergerechtigkeit – Vokabelkritik als Politikersatz. Eine phänomenologische Debatte, die einer ziemlich simplen Logik folgt: Weil McKinsey optimieren will, bedeutet Optimierung Politik im Sinne von McKinsey.
Und wie Judith Butler (und nicht nur sie) so schön festgestellt hat, erzeugen in der Gesellschaft geführte Diskurse „(Lebens-)Wirklichkeiten“. Sprache ist demnach keine Repräsentation von „Wirklichkeit“, sondern bildet die „Wirklichkeit“ im performativen Akt als solche aus.
Inwiefern hierbei dann „nur“ noch von einer reinen „Vokabelkritik als Politikersatz“ ausgegangen werden kann, möchte ich in Frage stellen.
Aber schön, dass sich mit dem Artikel offensichtlich viele Menschen angesprochen fühlen…
Ich halte diesen Beitrag für einen sehr gelungenen Beitrag zur Hochschulpolitik an der Uni Münster. (schon vor den comments) Tatsächlich ist es so, dass dieser Begriff „linkes Image erhalten“ eine Kompromisskonstruktion ist. Es soll das Gegenteil darstellen zu wir „treten auf wie eine Behörde“.
Die Begrifflichkeit authentisch wäre in diesem Zusammenhang kein schlechter Vorschlag in dem Zusammenhang.
Grösstes Problem sehe ich darin, dass ein Papier das ein Arbeitsprogramm (für die interne Arbeitsfindung des AStA) umgemünzt wurde zu einem Koalitionsvertrag und veröffentlicht wurde. Nun stellt dieses ehemalige Arbeitsprogramm also die Politik des AStA dar, obwohl es überhaupt nicht wirklich politisches enthält.
@Olaf
selbst wenn dieser Imagebegriff einen Kompromiss darstellen sollte, so scheint er wenig gelungen. Ebenso halte ich es für fraglich, inwiefern mensch schriftlich festlegen kann, ob etwas „authentisch“ ist oder nicht. Oder gerade mit der Definition des „linken Images“ haben die Listen und der AStA festgelegt, dass sie dies für sich als „authentisch“ definieren. Dennoch: selbst wenn etwas als „authentisch“ scheint, muss es noch lange nicht so sein…
Ob Arbeitsprogramm oder Koalitionsvertrag: die Listen haben ein Papier unterschrieben, welches als Koalitionsvertrag auf der Homepage des AStA einzusehen ist.
So weit ich informiert bin, hat auch deine Liste diesen Vertrag unterschrieben. Deshalb verstehe ich in diesem Zusammenhang das Problem nicht.
[…] berichtet bestand der koalitionsvertrag nicht nur aus allgemeinen politischen forderungen, wo es um image-konstruktionen und andere dinge geht, sondern er beinhaltete auch machtpolitische vereinbarungen. unter dem […]
Ein linkes Image entsteht durch linke Inhalte, die fundiert sind und denen eine Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse zugrunde liegt. Das hat dann Ausstrahlungskraft und das spüren die Menschen. Diese Ausstrahlung „authentischer“ linker Politik kann man durch Öffenlichkeitsarbeit verstärken und durch Kampagnen kann man weite Teile der studentischen Öffentlichkeit erreichen und sich so profillieren. Die „linken Listen“ können schon ersteres (Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse) aufgrund fehlender Substanz nicht. Insofern reproduzieren sie den Jargon der Ökonomisierung, was Ramona richtig erkannt hat. Der Begriff ist schon etwas anderes als die Wirklichkeit – er ist sowohl eine Wirklichkeit und zugleich steht – dialektisch – die bezeichnete Wirklichkeit in einer Spannung zum Begriff, weil sie immer von ihm abweicht. Auch Modephilosophien, wie die von Butler, werden uns bei dem Versuch, die Linke zu stärken und ihr mehr Analyse- und Handlungsfähigkeit zu verschaffen nicht helfen.
[…] allem durch pr-wirksame aktionen und verstärkte öffentlichkeitsarbeit zuzuwenden. so schien – wie schon berichtet – der „neue“ asta zum amtsantritt im april diesen jahres sehr um die aufrechterhaltung seines […]
[…] selbstfindungstrip. hopowatch berichtete, dass der asta schon länger auf der suche nach einem image und neuerdings auch einem logo ist. nun hat der asta zum logovoting ausgerufen und drei alternatien […]
[…] asta hat ja bekanntermaßen vor über einem halben jahr auch an seinem image gebastelt und ein neues logo durchgesetzt. wenn mensch nun einmal über die internetseiten des asta […]