durch studiengebühren dürfen bisher ausschließlich verbesserungen der lehre finanziert werden. deshalb dürfen beispielsweise keine professorInnen-stellen mit studiengebühren bezahlt werden, da der professorInnenstand die freiheit zur forschung und lehre hat. um trotzdem dozentInnen durch studiengebühren finanzieren zu können, hat mensch sich die sogenannten lecturer-stellen ausgedacht. lecturer haben die ausschließliche aufgabe zu lehren und lehre zu organisieren und können deshalb reinen gewissens durch die studentischen zwangsbeiträge finanziert werden.
ein kurzer blick in die stellenausschreibungen der uni münster zeigt, dass studiengebühren nun unzählige neue jobs an der hochschule schaffen. diese jobs als sichere jobs zu bezeichnen wäre allerdings aus mehreren gründen vermessen. so haben alle jobs kurze laufzeiten, da die mittelverteilung in einem bekanntlich intransparenten verfahren immer wieder neu diskutiert werden muss und die studiengebühren selbst auf „vorerst“ zwei jahre begrenzt wurden.
schaut mensch sich die stellenausschreibungen näher an so wird sie/er feststellen, dass viele der wissenschaftlichen und studentischen mitarbeiterInnen- und hilfskraftstellen mit dem attribut „finanziert durch Studiengebühren“ versehen ist. interessanterweise gibt es offenbar keine einheitliche sprachregelung an der uni münster wie mensch das gebührending denn nun offiziell nennen will:
Die Finanzierung erfolgt aus Studiengebühren.
Die Finanzierung der Stelle erfolgt aus Studienbeiträgen.
Die Finanzierung erfolgt aus Studienbeitragsgebühren.
aber nicht nur die benamsung der studiengebühren wirft fragen auf. auch die eine oder andere stellenbeschreibung sorgt für verwirrung. wenn mensch davon absieht, dass offenbar gar nicht alle stellenbeschreibungen auf ihre gebührenherkunft verweisen und nicht alle stellen, die am 15.08. in der verteilkommission beschlossen wurden, so uni-öffentlich ausgeschrieben werden. im folgenden sollen die vorhandenen teils wundersamen stellenausschreibungen analysiert und die wundersamsten zitiert werden.
aufgabenbeschreibend
die aufgabenbeschreibungen gleichen sich und – in den meisten fällen – wahrscheinlich auch den gesetzlichen vorgaben:
- organisation der lehre
- organisation der evalution der lehre
- koordination und begleitung von praktika
- koordination und begleitung von abschlussarbeiten
- …
so weit so ungut…
prüfungsberechtigend
darüber hinaus sollen die neugeschaffenen stellen aber auch für die durchführung von prüfungen zuständig sein:
Zu den Aufgaben der Stelleninhaberin/des Stelleninhabers gehört die Organisation, Vorbereitung und Korrektur der anfallenden Klausuren.
Zu den Aufgaben des Stelleninhabers/der Stelleninhaberin gehört auch die aktive Mitarbeit in der akademischen Selbstverwaltung sowie die Durchführung von akademischen Prüfungen und staatlichen Lehramtsprüfungen.
hier stellt sich die frage der prüfungsberechtigung. bisher wurden recht hohe masstäbe für die prüfungsberechtigung angesetzt (HG NRW §95):
§ 95 Prüferinnen und Prüfer
(1) Zur Abnahme von Hochschulprüfungen sind Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer, außerplanmäßige Professorinnen und Professoren, Honorarprofessorinnen und Honorarprofessoren, Privatdozentinnen und Privatdozenten, wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Universitäten und Kunsthochschulen, soweit sie Aufgaben nach § 59 Abs. 1 Satz 4 wahrnehmen, Lehrkräfte für besondere Aufgaben und Lehrbeauftragte, ferner in der beruflichen Praxis und Ausbildung erfahrene Personen, soweit dies zur Erreichung des Prüfungszweckes erforderlich oder sachgerecht ist, befugt. Prüfungsleistungen dürfen nur von Personen bewertet werden, die selbst mindestens die durch die Prüfung festzustellende oder eine gleichwertige Qualifikation besitzen.
das HFG hat diese regelung nun ziemlich stark aufgeweicht (vgl. HFG § 65 (1) ):
§ 65 Prüferinnen und Prüfer
(1) Zur Abnahme von Hochschulprüfungen sind die an der Hochschule Lehrenden und in der beruflichen Praxis und Ausbildung erfahrene Personen, soweit dies zur Erreichung des Prüfungszweckes erforderlich oder sachgerecht ist, befugt. Prüfungsleistungen dürfen nur von Personen bewertet werden, die selbst mindestens die durch die Prüfung festzustellende oder eine gleichwertige Qualifikation besitzen. Die Prüferinnen und Prüfer sind in ihrer Prüfungstätigkeit unabhängig von Weisungen.
wahrscheinlich sollte durch das weichspülen der prüfungsberechtigung die neu geschaffene prüfungslast in den neuen studienstrukturen (Ba/Ma) für die professorInnen gesenkt sowie das studiengebührenausgabepotential gesteigert werden.
zwei fliegen eine klappe – und so folgt die späte erkenntnis, mit der man die grundversorgung im BaMa durch gebühren rechtfertigen will:
Mit der Umstellung auf die im Vergleich zu den traditionellen Studiengängen wesentlich stärker strukturierten Bachelor- und Masterprogramme und der gleichzeitigen Einführung der studienbegleitenden Prüfungssystems entsteht hinsichtlich der Studiengangsplanung ein erheblich gestiegener Koordinierungsbedarf.
mitarbeiterInnenködernd
wie mensch nun mitarbeiterInnen für diese neuen lehrjobs ködern will kann an ein paar beispielen illustriert werden. darüber hinaus erwarten die einen oder anderen stellenauschreiberInnen aber auch dinge, die nicht so direkt mit lehre zu tun haben und bei denen mensch sich schon die frage stellen muss, ob das so geht bzw. so gewollt ist.
in mehreren fällen wird die beteiligung in der akdamischen selbstverwaltung „erwartet“:
Ferner wird die Übernahme von Aufgaben im Bereich der akademischen Selbstverwaltung erwartet.
wenn mensch diese beteiligung als ehrenamt verstehen würde, die nichts mit der reinen lehrarbeitszeit zu tun hat, dann könnte aber kein freiweiliges politisches engagement „erwartet“ werden, oder?!
mehrfach wird bei diesen recht unsicheren und befristeten stellen der köder promotion ausgeworfen, sofern die promotion wie in anderen ausschreibungen nicht so vorausgesetzt wird:
Die Möglichkeit zur Promotion ist gegeben.
wenn nun in eine studiengebührenfinanzierte stellenausschreibung jedoch (offen) hineingeschrieben wird, dass die mitarbeit in der forschung zu den aufgaben der gebührenstelle gehört, dann fehlen einem schon ein wenig die worte:
Zu den Aufgaben gehört auch die Mitarbeit in Forschung und Lehre. Die Möglichkeit zur Promotion ist gegeben.
die mitarbeit an einem forschungsprojekt für e-learning als konkrete verbesserung der lehre zu verkaufen, davon lassen sich wahrscheinlich auch nur studentische gebührenverteilungskommissarInnen überzeugen.
Schwerpunkt dieser Tätigkeit ist die Mitarbeit im Projekt „Learnr – gemeinsam lernen“. Die Aufgaben der zukünftigen Mitarbeiterin / des zukünftigen Mitarbeiters umfassen projektbezogene Arbeiten zur organisatorischen, konzeptionellen und technischen Weiterentwicklung der Web 2.0-getriebenen Lernplattform Learnr. Über die Mitarbeit im Projekt hinaus sind Lehrverpflichtungen im Umfang von 2 SWS zu erfüllen. Die Möglichkeit zur Promotion wird geboten.
hiervon abgesehen kann natürlich viel verschwörung in theorie und praxis betrieben werden bei der vorstellung, dass viele die neuen mitarbeiterInnen auch in der forschung einsetzen möchten und nur nicht so ungeschickt sind, dies in die stellenausschreibung zu packen.
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