bedingungsloses verwarnungsgeld für musikhören auf dem fahrrad
die polizei vermeldet diese woche, dass sie einem 23-jährigen fahrradfahrer, der laut polizeiangaben darüber hinaus sogar „Student“ war, mit einem verwarnungsgeld belegte, da er während der fahrt einen sogenannten mp3-player nutzte.
das ganze spielte sich laut polizeipressemeldung so ab:
Auf der Steinfurter Straße wurde heute (11. März) gegen 09:30 Uhr ein 23-jähriger Student als Fahrradfahrer mit einem Verwarnungsgeld belegt, weil er während der Fahrt einen MP3-Player nutzte. Da der Fahrer auf die mündliche Ansprache über den Lautsprecher nicht reagierte, mussten die Beamten ihn später per Anhaltekelle anhalten. Missmutig bezahlte der Radler dann das Verwarnungsgeld in Höhe von 10 Euro.
in diesem zusammenhang möchte das polizeipräsidium münster ein gerichtsurteil zur walkman-nutzung auslegen. das präsidium vertritt die meinung, wonach das musikhören auf dem fahrrad „nur äußerst begrenzt“ also praktisch gar nicht erlaubt sei:
Dies geht auch aus dem Urteil des OLG Köln vom 20.02.1987 hervor, dass in einer lokalen Zeitung von einem Leser offensichtlich missverständlich ausgelegt wurde. Die Musiklautstärke muss so eingestellt sein, dass der Verkehrsteilnehmer nach wie vor alle Verkehrsgeräusche wahrnehmen kann und dies gilt ausdrücklich nicht nur für das regelmäßig sehr laute Martinshorn von Einsatzfahrzeugen. Die Benutzung von den quasi im Ohr getragenen Ohrstöpseln der MP-3-Geräten verhindern selbst bei leiser Musikeinstellung in der Regel das Wahrnehmen eines herannahenden Kraftfahrzeuges, was an einer Kreuzung zu ungeahnten Folgen führen kann.
diese „auslegung“ legt die vermutung nahe, dass in münster fortan jegliche musikhörende fahrrad-nutzung mit verwarnungsgeldern geahndet werden soll und vor allem ohrstöpsel ein automatisches verwarnungsgeld implizieren.
hopowatch empfiehlt die ohrstöpsel draussen zu lassen. darüber hinaus kann dies laut der pm übrigens auch der sicherheit dienen:
Diese Maßgabe dient seiner eigenen Sicherheit wie auch der der anderen Verkehrsteilnehmer. Als Fahrradfahrer ist man deutlich mehr auf die Umgebungsgeräusche angewiesen als zum Beispiel ein Autofahrer, der auch durch seine Spiegel sein Umfeld wahrnehmen kann. So reicht schon eine geringe Überschreitung der Lautstärke, um das Hören von Musik zu einer realen Gefahr im Straßenverkehr zu machen.
zielgruppenspezifizierend
dass in dieser pressemitteilung explizit darauf hingewiesen wird, dass es sich bei dem verkehrssünder um einen studierenden handelt, macht nachdenklich. aus presseethischer sicht ist diese information für die nachricht mehr als irrelevant und könnte sogar als diskriminierend gewertet werden.
im pressekodex des deutschen presserats findet sich zum beispiel die „Richtlinie 12.1 – Berichterstattung über Straftaten“:
In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht.
Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.
ein begründeter sachbezug könnte wohl nur konstruiert werden, wenn das vorurteil geschürt werden soll, dass studierende beim radfahren grundsätzlich immer musik hören.
wenn mensch nun auf die idee käme die lieblingsbußgeldzielgruppe(n) der münsteraner polizei zu erraten, würde das urteil wohl (zu) einfach fallen. dass es so einfach sein könnte, will natürlich niemand hoffen!
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